Woolmers Estate
Haupthaus |
Ein Zeitgenosse Thomas Archers |
In einem Faltblatt lesen wir, dass das Anwesen seit 1817 besteht. Damals kam Thomas Archer von England und dann New South Wales nach Tasmanien, erwarb von den Kolonialbehörden das Land hier, gestaltete es im englischen Stil um und baute es zu einer Merino-Schaffarm aus. Bis zu 20 000 Schafe bevölkerten das Areal. Nach und nach entstand ein kleines Dorf um die „Homestead“, mit Windmühlen, Pumphaus, Scheunen, Ställen, ein vergittertes Vorratshaus (für aus England importierte Waren), Häuschen für die Bediensteten und Arbeiter, Werkstätten wie Schmiede, Bäckereien und sogar einer Kapelle. Wir erfahren, dass die Arbeitskräfte „Convicts“ waren, Männer für die handwerklichen, bäuerlichen und Frauen für die häuslichen Arbeiten. Bis zu 40 Gefangene lebten auf Woolmers Estate. Man muss wissen, dass mindestens 80% der manuellen Aufbauarbeit in der Kolonie Van Diemen´s Land von Gefangenen und Ex-Sträflingen geleistet wurden. Die Regierung und die Siedler machten gemeinsam ein gutes Geschäft aus den Gefangenentransporten. Die Behörden liehen geeignete Gefangene aus und sparten sich so Kosten, die Siedler versahen sie mit Arbeit, Kleidung und Beköstigung und bekamen billige Arbeitskräfte. Außerdem übernahmen sie die Aufgabe, die „Kriminellen“ zu „erziehen“, wozu Körperstrafen angewandt werden durften und in Woolmers auch die Kapelle diente.
Als Thomas Archer 1850 starb, hinterließ er
ein blühendes Anwesen; aber seine Nachkommen zogen es vor, ihren Reichtum und
ihre Zeit in England oder in den Städten Tasmaniens als Gartenliebhaber, mit
Golfspielen und anderen gesellschaftlichen Aktivitäten zu verbringen, an Stelle
der Bewirtschaftung der Farm Sie blieb zwar bis 1975 in Familienbesitz, wurde aber
nach dem Tode Thomas William Archers VI. in eine Stiftung umgewandelt und der
Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Wir machen eine Runde
durch das Herrenhaus, soweit es besichtigt werden konnte. Was wir sehen, sind
stilvolle Einrichtungen und Sammlungen, die von Reichtum und Geschmack zeugen.
Die Archers lebten wirklich herrschaftlich – Thomas Archer I., ein treuer Sohn
der Krone, hat sich in Australien vom Müllerssohn aus dem englischen Hertford
zum reichen und einflussreichen „Landlord“ hochgearbeitet. Eine australische
Karriere der Kolonialzeit! Die Erinnerung an die Convicts, die das mit
ermöglichten, wird in Woolmers Estate gepflegt. Z.B. sehen wir in der
Bedienstetenküche Büsten der Frauen, die hier arbeiteten, mit Häubchen und
Angaben zu ihrer Person.
Eine dieser Frauen war
Elizabeth Slater. Wir lesen über sie:
„ Elisabeth war eine 23
Jahre alte Frau aus Liverpool, 162 cm groß, braunes Haar und graue Augen, sie
trug eine Anzahl Tattoos (trugen die Convicts oft!). Sie wurde elfmal festgenommen, ehe sie schließlich wegen Diebstahls einer Uhr verschickt wurde.
Ihre Arbeit umfasste frühes Aufstehen - vor der Familie, Feuer machen,
abstauben und wischen. Das Hausmädchen musste schwere Teppiche nach außen
tragen und sie abklopfen, Betten machen, Böden kehren und sie dann auf Händen
und Knien schrubben und Möbel polieren.“ Untergebracht war Elizabeth mit den
anderen Hausbediensteten in einem Gebäude vor dem Herrenhaus.
Büste Elizabeth Slater |
Bei unserer weiteren Besichtigung sehen wir Ställe und Werkstätten mit historischen Utensilien. Unter anderem finden wir eine Oldtimersammlung, darunter ein Wolseley von 1913. Darin hatte Thomas Archer V. seine Hochzeitsreise durch Tasmanien gemacht. Auf dem Gelände befinden sich die älteste Schafscheune Australiens und einfache Häuser für freie Siedler, die später die Convicts ersetzten. Auf den Weiden grasen noch Schafe. Wie ihre Wolle geschoren und verarbeitet wird, ist in der Scheune zu sehen. Vor der Scheune genießen wir ein richtiges Land-Picknick.
Speisekammer |
Vorratsräume und Unterkünfte |
Kleine Rast |
Alte Schafscheune |
Hier schmeckt' s |
Wollproduzenten |
Wollverarbeitung |
Oldtimersammlung |
Der Höhepunkt des Besuches ist für uns aber der „Nationale Rosengarten“, ursprünglich eine Apfelplantage (aus Äpfeln wurde der Cider, Apfelwein, hergestellt, nicht zuletzt um die Arbeiter bei Laune zu halten. Er fand auch guten Absatz bei den Goldminenarbeitern in Ballarat). Wir spazieren durch die ausgedehnte klassische Gartenanlage mit Tausenden an blühenden Rosen aller Arten, Zeiten und aus der ganzen Welt. Wir sind entzückt. Das ist einmalig. So viele schöne Rosen auf einem Fleck haben wir noch nie gesehen!
Im Rosengarten |
In Melbourne haben wir
ein Buch geschenkt bekommen: „Wundervolle Gärten Tasmaniens“. Darin wird gezeigt, wie viele prächtige
Gartenanlagen es in Tasmanien gibt – ein Erbe der englischen Gartenkultur und
–leidenschaft. Diese Gärten – Inseln in der australischen Landschaft – sollten
dazu beitragen, das Leben für die
englischen Siedler „heimisch“ zu machen, genauso wie die Gebäude im englischen
Landhausstil. In Sichtweite von Woolmers
Estate liegt Brickendon Estate – ebenfalls ein Gut der Archer Family. Auch
hier wurde ein großer Baum-, Busch- und
Blütengarten im englischen Stil angelegt. Aber nicht nur große Garten-Parks
gibt es. Auf unserer Reise sahen wir manchen schönen Haus-Garten an alten
Kolonialhäusern. Offenbar ist das feuchte und gemäßigte Meeres-Klima in
Tasmanien günstig für Gärten.
Garten in Hamilton |
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