Samstag, 7. März 2015

(16) Zurück in die Goldgräberzeit – Sovereign Hill bei Ballarat


Sovereign Hill
Blick auf die wiederaufgebaute Goldgräberstadt Sovereign Hill
 
Ausgerüstet mit dem Wissen über den Goldrush in Viktoria, das wir im Treasury Building in Melbourne gewonnen hatten, wollten wir eine Gelegenheit nicht verpassen. Nämlich in die Goldgräberzeit einzutauchen. Anderthalb Stunden Fahrzeit und nordwestlich von Melbourne liegt die alte Goldgräberstadt Ballarat. Dort hat man auf dem Sovereign Hill eine Stadt aus den Goldrush-Zeiten um 1850/60 wieder aufgebaut. Kein Potemkinsches Dorf, sondern z. T. aus echten historischen Gebäuden in Ballarat. Und tatsächlich wurde in Sovereign Hill eine Menge Gold gefunden. Dort wurde auch die ursprünglich auf dem „Bakery Hill“ befindliche Mine wieder hergestellt, in der der zweitgrößte je gefundene Goldklumpen, der „Welcome Nugget“ gefunden wurde (ich habe im Melbourne-Bericht schon darüber geschrieben).

Ballarat

Oben und unten: Ballarat

Erst einmal stärkten wir uns nach der Fahrt in einem speziellen Feinkostladen („Deli“ in Australenglisch) mit Bewirtung. Auf der Suche bekamen wir einen Eindruck von den prächtigen historischen Gebäuden aus der Glanzzeit Ballarats, die die breiten Hauptstraßen säumen. Ende des 19. Jahrhundert, ehe der Goldrausch abebbte, war Ballarat eine Stadt, die „alle Einrichtungen und Vorzüge der Kultur“ besaß, wie Mark Twain in seiner „Reise um die Welt“ (1897) beschreibt. Mark Twain, der selber Goldgräber in Amerika war, beschreibt aber auch den Raubbau an der Natur, an der ursprünglich „paradiesischen schönen Waldeinsamkeit“, die hier auf Grund der Goldfunde stattfand. „Eine himmlische Gegend zu Schanden zu machen…versteht wohl niemand besser als die Goldgräber.“ Der Zustrom der Goldsucher vertrieb auch die Eingeborenen, die hier einen Versammlungsort (= Ballarat) hatten. Diejenigen, die verblieben, leisteten untergeordnete Dienste für die Europäer.   
 
Ballarat am Anfang der Goldgräberzeit um 1850 

Die Goldgräber haben die Landschaft verwandelt

Heute ist Ballarat eine ruhige Provinzhauptstadt von 86 000 Einwohnern, die von ihrer Vergangenheit zehrt.

Sovereign Hill  – Leben in einer Goldgräbersiedlung


In Sovereign Hill angekommen, grummelten wir ein bisschen über den hohen Eintrittspreis. Aber wir hätten etwas versäumt, wenn wir den gespart hätten. Dann ging´s hinein in´s Goldgräberleben. Erst einmal überblickten wir die Siedlung. Links in einer Senke sehen wir eine Zeltstadt. So haben die ersten Goldgräbercamps ausgesehen haben. Rechts auf dem Hügel sehen wir zwei Fördertürme. Darunter befinden sich zwei Minen. Am Hang entlang der Hauptstraße ziehen sich Häuser bis zum Gipfel des Hügels. Auch rechts davon liegen Gebäude – eine ganze Stadt liegt vor uns. Zwischen Zeltcamp und Stadt fließt ein  kleines Bächlein. Wie sehen geschäftige Menschen daran hantieren. Eine alte Kutsche, mit Besuchern zieht ihre Runde, dicke Pferde vorgespannt. Man reiste ja damals mit Kutschen an, ehe die Bahnlinie 1889 fertig gestellt wurde.

Sovereign Hill
Bilder: Zurück in die Goldgräberzeit
                                                             
                                                              
Souvereign Hill

Sovereign Hill















Wir begeben uns in das Zeltcamp und blicken in einzelne Zelte. Darin: Tisch, Stühle, Betten, kleine Schränkchen, Goldgräberutensilien. Hinter einem Zelt tummeln sich kleine Schweine. Das Leben in den Canvas-Zelten muss sehr primitiv gewesen sein und bisweilen war es sicher auch kalt. An Schriftzeichen merken wir: hier hausten Chinesen. Tatsächlich waren diese Zelte Unterkünfte chinesischer Goldgräber. Wir finden Zelte eines Lebensmittelhändlers, eines Metzgers, einer chinesischen „Arztpraxis“ mit Apotheke und einen Holz-Tempel. Dort flehten die chinesischen Digger Glücksgötter oder –geister um Erfolg bei ihrer Suche an, sicher auch um Bewahrung ihrer zurückgebliebenen Familien in China und um gute Heimkehr. Offensichtlich lebten die Chinesen getrennt von den europäischen Goldsuchern, die in den Häusern auf dem Hügel lebten. Man kann sich vorstellen, dass das Zusammenleben mit den anderen Goldgräbern nicht ohne Spannungen verlief.
   
Oben/Unten: Blick in Zelte chinesischer Minenarbeiter

Sovereign Hill

Hütte eines Bäckers

Metzgerladen

Noch lebt das Schweinchen...


Gemischtwarenladen

Hier war ein chinesischer Heilkundiger/Apotheker tätig


Blick in den chinesischen Tempel

Als 1851 die ersten Goldfunde in Victoria gemacht wurden und man dann immer mehr Gold fand, wurde das auch in Europa bekannt. Die Industrialisierung und Maschinisierung führte zur Verelendung großer Bevölkerungsteile dort. So machten sich viele auf, um ihr Glück als Goldsucher in Amerika und Australien zu finden. Bei den Europäern waren es vor allem Engländer und Iren. Aus Asien kamen Chinesen. Sie wurden von Agenten ins Land gebracht und mussten oft lange an diese Kosten abzahlen. Oft ließen sie das Gold auch direkt, an den Regierungsbeamten vorbei,  nach China bringen. Nachdem immer mehr Chinesen kamen, erließ die Regierung Einreiseerschwerungen und  –beschränkungen – so reisten viele illegal ein (all dies wiederholt sich heute). Als die Goldfunde knapp wurden, gab es Übergriffe europäischer Goldsucher auf die unliebsamen Konkurrenten aus Asien, bis hin zu Tötungen.

Die Chinesen in Ballarat unterstanden einem besonderen Beamten, dem „Chinese Protector“ und besonderen Regelungen, dem „Chinese Regulation Act“. Wir fanden sie am Büro des Protectors im „Regierungsviertel“ angeschlagen, konnten sie aber nicht lesen, da sie auf Chinesisch abgefasst waren.



Am Rande der Zeltstadt sahen wir auch die Mine der Chinesen. Ein hölzerner Förderturm erhebt sich da und eine Lore ist zu sehen, mit der der Abraum auf Schienen ins Tal gefahren wurde. Durch ein Gitter blicken wir in den dunklen und engen Schacht hinunter, in den die chinesischen Minenarbeiter wohl hinab gelassen wurden, um unter Tage ihre gefährliche und beschwerliche Arbeit aufzunehmen.

Sovereign Hill

Das ist der Schachteinstieg 

Nach der Runde durch die Zeltstadt, kommen wir an den kleinen Bachlauf, der durch die Siedlung fließt. Hier sitzen Kinder und auch Erwachsenen (passenderweise sind es vor allem Chinesen), die den Sand und Kies sieben. Angeblich soll man noch heute Goldkörnchen finden können. (Wir haben es nicht versucht.) Ursprünglich wurde ja das Gold in Ballarat in alluvialen Flussablagerungen gefunden und oberflächlich geschürft.
 
Goldschürfer in alten Zeiten
Sovereign Hill
Heutiger Goldwäscher

Pfanne zum Goldwaschen


Ich habe gelesen, dass 2012 und später von Männern, die mit Metalldetektoren unterwegs waren, in der Umgebung von Ballarat noch große Goldklumpen gefunden wurden. (Kein Wunder, dass der Detektorenverkauf in Ballarat blüht!)

Wir wandern die Hauptrasse an den Bauten hinauf. Sie sind aus Holz errichtet (wofür die umliegenden  Eukalyptus-Wälder herhalten mussten). Hier und an Nebenstrasse finden wir Geschäfte, Handwerksbetriebe, Banken, Gaststätten, Hotels, eine Post, Kirchen und sogar ein prächtiges Theater – alles im historischen Stil. Auch Komparsen in zeitgenössischer Tracht laufen herum und lassen sich mit den Besuchern fotografieren – nicht bloß  bärtige Digger, sondern auch vornehmer gekleidete Geschäftsleute, Angestellte, Beamte. Auf einem kleinen Platz preist ein ambulanter Händler redegewandt irgendeine komische Erfindung an. Straßenmusikanten unterhalten die Passanten mit Country-Music. Auch „Troopers“ patroullieren. Sie sorgten für die Ordnung, denn es mag manchen Streit gegeben haben,  um Funde, „Claims“ etc., aber auch Zusammenrottungen gegen Minenbesitzer und die Obrigkeit.

Sovereign Hill



Menschentypen... 




Eine der Kirchen (kath.). Unten: Innenraum


Heute geschlossen: Wer mag früher hier gespeist haben?














Er sorgt für Stimmung 


...der Straßenverkäufer aber auch 

Die Ankunft der Goldgräber brachte bald den Aufbau einer zivilisatorischen Infra-Struktur mit sich.

Es ist interessant, den Handwerkern bei ihrer Tätigkeit zuzuschauen, z. B. einem Drucker, bei dem wir ein Fahndungsplakat nach historischer Vorlage für einen Freund bestellen. Oder einem Schmid, der Pfannen herstellt. Oder einem Bonbon-Fabrizierer, der natürlich besonders die Kinder anzieht. Wir finden auch einen Sargmacher und eine Kutschen-Werkstatt.

Hier wird gedruckt 
Ein Schmied 

Er bereitet die Bonbonfabrikation vor

So reiste man 

Für ein würdiges Begräbnis 

Im Hotel gibt es Einzel- oder Mehrbettzimmer. Mancher Digger mag hier gewohnt haben, bis ihm das Geld ausging oder er einen Glückfund machte. Dann konnte er sich eine kleine blumenumstandene Farm kaufen, wie sie am Rande der Siedlung zu sehen ist, oder er zog in eine Stadt, nach Ballarat hinunter oder gar nach Melbourne und kaufte sich da in Häuschen.



Einbett - und Mehrbettzimmer

Aufenthaltsraum 
Kleine Farm am Rande der Goldgräberstadt 


Besuch in der Red Hill Mine


Die meisten haben aber nicht einzeln gearbeitet, sondern in Gruppen oder für Kompanien, in Minen. Nachdem das oberflächliche Gold abgebaut war, schürfte man unter Tage. Die Goldgewinnung wurde kapitalisiert und  industrialisiert. Minen wurden tief in die Erde getrieben, abgetäuft, das Wasser und der Abraum über Fördertürme mit Dampfmaschinen hochgebracht. Alles mit einem riesigen Holzverbrauch, wozu auch wieder die Wälder herhalten mussten.


Wir besuchen die Red Hill Mine, in der der „Welcome Nugget“ gefunden wurde. Durch holzverschalte verwinkelte Gänge, über Pfützen geht es in die Tiefe. Am Endpunkt wird der große Fund in einem Video dargestellt, lebensecht an eine Wand projiziert. Ein Minenarbeiter stützt sich auf seinen Pickel, auf die harte Arbeit schimpfend. Dann hackt er wild auf einen Felsen ein. Da blitzt das Gold auf …schreiend  ruft er seine Kumpane herbei. Tatsächlich waren es 22 schottische Arbeiter, die den Fund für die Gesellschaft machten. Wir fragen uns, wie viel sie wohl  von dem Erlös bekamen. Wir lesen auch, wer die (letzten?) Besitzer der Mine waren: Julius, Isidor und Joseph Wittkowski. Die Namen hören sich an, als wären sie aus dem Ruhrgebiet gekommen.



Im Inneren der Mine: hier wird der Goldfund dargestellt 
Sovereign Hill
Nachbildung des "Welcome Nuggets" im Museum 

Etwas höher gelegen befindet sich eine größere industrielle Mine, mit  technisch modernerem Fördertum und riesiger Abraumhalde.


Im „Gold Office“ der „Colonial Bank of Australia“  wurden die Goldfunde gewogen und gegen bare Münze umgewechselt werden. Eine Tafel informiert über die „aktuellen“ Goldpreise.




Nicht nur Goldsuche…

Die Arbeit war hart, aber es war auch für Vergnügungen gesorgt, bei denen man seinen Gewinn wieder ausgeben konnte. An der langen Bar in einem prächtigen Pub floss der Alkohol sicher in Strömen.  Eine große Kegelbahn sorgte für mehr sportliche Betätigung. Das prachtvolle Theater würde noch heute manchem Stadt-Theater Ehre machen. Ich vermute, hier wurden wohl weniger klassische Theaterstücke oder Opern dargeboten, sondern eher Varieté-Veranstaltungen. Da mögen die Röcke der Can-Can-Tänzerinnen zum Vergnügen der Männer hoch geflogen sein.





Blick in das Theater. Unten: Foyer































Wer in sich gehen wollte und geistliche Erbauung suchte, hatte auch dazu die Gelegenheit. Es gibt mehrere Kirchen für die verschiedenen christlichen Konfessionen.  Wer sich in der Freizeit bilden wollte, konnte eine Bibliothek aufsuchen. „Silence“, Ruhe, wird hier geboten. Da findet man auch das Bildnis der Königin, die ihrem Zeitalter den Namen gab: Queen Victoria - sie regierte von 1837 bis 1901.

Methodistische Kirche 


Queen Victoria 

Es gibt auch eine Schule. Manche der nicht immer unkultivierten Digger hatten ja ihre Familie mitgebracht und die Kinder sollten nicht ungebildet bleiben. Besucherkinder haben die Gelegenheit, eine historische Schulstunde mitzuerleben.




Auf dem Platz vor dem Theater und dem „Napier-Hotel“ sammeln sich Menschen, Komparsen und Besucher. Drei  „Giganten“ werden von Männern herbei getragen und -gekarrt. Zwei riesige Monstren, zusammengebaut aus Maschinenteilen und Bergbau-Utensilien kämpfen miteinander, geführt von Männern und beaufsichtigt von einer Gigantin mit Rock und Uhr als Kopf. Ziemlich symbolisch das ganze natürlich. Ob solche öffentlichen Vergnügungen schon in der Goldgräberzeit stattgefunden haben? – Wir wissen es nicht. Wir fühlen uns aber fast heimatlich berührt, denn solche bezeichnenden Giganten kennen wir aus Katalonien.


Die "Uhrengigantin" wird angekarrt 
Jetzt ist sie aufgebaut 


Die "Giganten" im vollem Kampf 
Die Zuschauer amüsieren sich sichtlich

Wir setzen unseren Rundgang in das vom „gewöhnlichen“ Dorf abgesonderte Regierungs-Camp fort. Die herrschaftliche Häuseransammlung im frühen Siedlerstil inmitten grüner Rasenflächen ist eingezäunt. In der Nähe befinden sich die „Military Barracks“. Man bedurfte wohl des Schutzes.


Haus des Gouverneurs 

Militär-Baracken 

Im nahen und modernen Gold Museum erfahren wir viel über die Geschichte des Goldrausches und das Leben auf den Goldfeldern von Ballarat. Auch eine Nachbildung des „Welcome Nuggets“ sehen wir wieder. Wir erfahren, dass der Goldabbau in Ballarat 1918 eingestellt wurde, wegen Unrentabilität. Allerdings wurde in den letzten Jahren die Goldgewinnung in einer Mine wieder aufgenommen, von  „Castlemain Goldfields“- im Besitz von „LionGold Corp“, „Asia´s Own Global Gold Company“…Die Chinesen kehren wieder!

Ein folgenreiches  Ereignis in der Geschichte Australiens – Aufstand der Goldarbeiter


Wir stoßen im Museum auf ein wichtiges Dokument: eine regierungsamtlich  „nicht übertragbare Gold License – für einen Monat“. Kosten: 1 Pfund. Diese Lizenzen waren der Anlass für ein wichtiges Ereignis in der Geschichte Australiens: die „Eureka Stockade“ oder „Rebellion“.


Goldsuche war an monatliche Lizenzen gebunden, die schon vor jedem Fund erworben werden mussten. Die Erlaubnisscheine waren für die mittellos in Australien ankommenden Goldsucher schwer erschwinglich. Zusammen mit dem korrupten und willkürlichen Verhalten der Ausgabe-Beauftragten und der kontrollierenden Polizisten sorgte das für viel Unmut. Hinzu kam, dass die Digger und Miner keine politisch-rechtliche Vertretung und kein Wahlrecht hatten (das an Landbesitz gebunden war). Als die Regierung 1852 eine Erhöhung der Gebühren von einem auf drei Pfund ankündigte, führte das zu heftigen Protesten und Zusammenschluss der Betroffenen. 1854 wurde ein Miner im „Eureka Hotel“ („Heureka“- griech. „ich hab´s gefunden“ - ein Goldfeld bei Ballarat) ermordet und der des Mordes mitverdächtigte Hotelbesitzer vom Magistrat geschützt. Darauf brannte eine wütende Menge das Hotel nieder.

November 1854 versammelten sich 10 000 Miner auf dem Bakery Hill und gründeten die „Ballarat Reform League“. Sie forderten die Freilassung von drei Diggern, die nach dem Hotelbrand festgenommen worden waren, das „unveräußerliche Recht eines jeden Bürger bei der Gesetzgebung eine Stimme zu haben“ und nannten „Besteuerung ohne Vertretung Tyrannei“. Der Gouverneur Victorias jedoch blieb hart. Sein Beauftragter ließ die polizeiliche Präsenz auf den Goldfeldern verstärken und ordnete häufigere Lizenzkontrollen an. Das führte dazu, dass die Miner die Verhandlungen als gescheitert ansahen, den Gehorsam gegen die staatlichen Autoritäten aufkündigten, sich bewaffneten und ihre Lizenzen verbrannten. Es wurden auch Stimmen laut, die auf Loslösung vom britischen Empire drängten.
 
Sovereign Hill Eureka Stockade
Freiheitsschwur der Miner 1854 unter der Eureka-Flagge
Die originale Eureka-Flagge im Eureka-Museum
Die heutige australische Flagge in den Händen von zwei neu Eingebürgerten

Am 1. Dezember 1854 versammelten sich die Miner unter der „Eureka-Flagge“ (5 Sterne an einem Kreuz auf blauem Grund – ohne Union Jack!) und schworen „beim Kreuz des Südens (symbolisiert durch die 5 Sterne) wahrhaftig zusammen zustehen und zu kämpfen, um unsere Rechte und Freiheiten zu verteidigen“. Unter Führung des irischen Miners, Bürgerrechtlers und späterem Abgeordneten Peter Lalor baute man einen behelfsmäßigen Barrikadenring (Stokade) auf, um sich gegen Truppen und Polizeikräfte zu schützen. Am Sonntag, den 3. Dezember rückten 276 Soldaten der Britischen Armee und Polizisten unerwartet an und umzingelten ca. schlecht bewaffnete 120 Miner, die sich in der Stockade aufhielten. Ein 10-minütiger Kampf entbrannte, der von Seiten der Soldaten äußerst brutal geführt wurde. 22 Aufständige blieben tot zurück, 6 verwundet, doch weitere starben auf der Flucht oder in Verstecken. 6 Soldaten kamen um.


Die Eureka-Stockade

Noch im Dezember begann der Prozess gegen 13 Rädelsfüher am Obersten Gerichtshof von Viktoria in Melbourne, die wegen Hochverrats angeklagt wurden. Auf Grund des öffentlichen Drucks wurden sie frei gesprochen und der Gouverneur zum Einlenken bewegt. Die Forderungen der Ballarat Reform League wurden umgesetzt: die Gold-Lizenzen wurden abgeschafft und durch mildere Regelungen ersetzt, die Goldfelder erhielten Vertretungen in der Gesetz gebenden Versammlung und ein allgemeines Wahlrecht für weiße Männer bei den Parlamentswahlen wurde eingeführt..

Mark Twain schreibt: „Es war nur eine kleine Revolution, aber politisch von großer Bedeutung – ein Kampf und die Freiheit, eine Auflehnung gegen Willkürherrschaft und Bedrückung…Die neue Beispiel einer verlorenen Schlacht, durch die der Sieg gewonnen wurde, ist zugleich das schönste, ruhmreichste Blatt in der Geschichte Australiens…“

Wie auch beim „Kelly Outbreak“ ist das in Australien umstritten. Die einen sehen in der Eureka Stockade den Beginn der australischen Demokratie und Souveränität. Australien wandelt sich von einer Kolonie der Sträflinge und Grund besitzenden Siedler vorwiegend britischer Herkunft zu einem selbständigen Land gleichberechtigter Bürger unterschiedlicher Herkunft und Tätigkeiten – wobei man einschränkend sagen muss, dass sich die Gleichberechtigung auf die Weißen bezog.

Andere sehen in den Ereignissen nur einen begrenzten Aufstand gegen staatliche Gebühren, Autorität, und die Queen, ohne „democratic feeling“. Sie verweisen darauf, dass viele der Aufständischen gar nicht vorhatten, in Australien zu bleiben und wieder in ihr Heimatland zurückkehrten.

So hat man denn auch für beide Seiten Denkmäler auf dem Friedhof von Ballarat aufgerichtet: für die gefallenen Soldaten und ihre Opfer. Je nach politischem Standort findet man auch heute unterschiedliche Bewertungen bei Geschichtsforschern und Politikern.  Und so ist in die offizielle australische Flagge die Eureka Flag eingegangen, aber zusammen mit  dem „Union Jack“, der Flagge des britischen Empire.

Der Eureka-Aufstand wird übrigens allabendlich in einer aufwendigen „Licht-und Tonschau“ unter dem Titel “Blut unter dem Südlichen Kreuz“ in Sovereign Hill dargestellt. Da wir vom langen Umherlaufen und –schauen erschöpft waren, ließen wir uns dieses Spektakel entgehen. Ein „Interpretations-Zentrum“ wurde 1998 im Vorort Eureka gebaut, nahe dem Ort der Geschehnisse, und 2013 als „Museum der Australischen Demokratie in Eureka“ wieder eröffnet.

Bei der Rückkehr nach Melbourne tauchte vor uns der  „Eureka Tower“ in der Skyline auf. Jetzt verstehen wir, warum er im oberen Teil einen roten Streifen trägt. Er erinnert an das bei Ballarat vergossene Blut der Miner.





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