Montag, 9. März 2015

(14) Ausflüge: Die Pinguin-Parade in Phillip Island



Phillip Island

Blick auf Phillip Island (Quelle: Wikimedia commons)

Knappe zwei Autostunden entfernt und südlich von Melbourne liegt das Naturreservat Phillip Island, umgeben von den kalten Wassern der Bass Street. Täglich machen sich Massen von Besuchern auf, um die allabendliche Pinguin-Parade zu erleben. Tausende von Zwerg-Pinguinen steigen an Land und begeben sich zu ihren Nisthöhlen in den Dünen.


Phillip Island

Fahrt kurz vor Phillip Island 

Unser Bus auf der Insel

Phillip Island ist nach dem Uluru das meist besuchte Touristenziel in Australien. Wir lieben den Massentourismus nicht und kannten auch die Bedenken der Naturschützer gegen den Rummel an der Pinguin-Bucht. Aber die Tiere interessierten uns doch. Zwar hatten wir schon einige traurige Exemplare im Melbourner Zoo gesehen, aber wir wollten sie in ihrer angestammten Umwelt erleben. Also buchten wir eine Tour mit einem kleinen Bus dorthin – denn mit dem eigenen Auto spät abends zurück zu fahren, ist wegen der Känguruhs, die dann über die Strassen hüpfen, nicht empfehlenswert. Und ein kleiner Bus mit fachkundiger Leitung sollte es auch sein, denn es ist nicht unser Geschmack, im Schlepptau einer lauten Riesengruppe zu reisen und mit platten Bemerkungen abgespeist zu werden. Es kam dann eine nette Gruppe von überwiegend jungen Europäern zusammen, die an verschiedenen Orten Melbournes aufgepickt wurden. Ein  Fahrer, der gut Bescheid wusste, chauffierte und führte uns. Im Fahrpreis war alles eingeschlossen, Eintritte, Verpflegung…

Nach ca. ein- und halbstündiger Fahrt über Highways und durch die Landschaft wurde Pause an einem „Koala Conservation Park“ gemacht. Wir erhielten ein Essen und dann wurden die Tiere besichtigt. Das hat uns nicht so sehr interessiert, da wir schon genügend der possierlichen Vorbilder der „Teddybären“ in freier Wildbahn gesehen hatten. Das traf auch für die anderen Tiere zu, die noch da waren. Aber das war ja bei anderen Besuchern nicht immer der Fall.

Nach weiterer Fahrt führen wir auf einer langen schmalen Brücke auf die ca. 100 qkm große Insel. Im flachen Wasser stehen Pelikane. Wieder wurden Stops eingeschoben: auf einer historischen Farm auf Churchill Island, in einer Schokoladenfabrik, der Rennstrecke Phillip Island Circuit  und in dem netten Seebadeort Cowes.

Überfahrt auf der Brücke 

Auf der Summerland Peninsula gelangten wir endlich in die offene Natur und wir kamen an der Süd-Westspitze der Insel an, bei den „Nobbies“. Dort gibt es ein großes „Centre“, das hauptsächlich aus einem Restaurant besteht, aber auch die maritime Fauna und Flora darstellt Wir spazieren auf einem Holzbohlen-Weg an der Felsküste entlang und blicken auf vorgelagerte Felseneilande, an die die Brandung gischtet. Dort lebt eine der größten Seerobbenkolonien Australiens. Leider sehen wir keine, auch durch auf ein aufgestelltes Fernglas nicht. Sie kommen erst abends und man muss eine Bootstour buchen, um sie zu sehen. An den Hängen nisten tausende an Möwen in hölzernen Bruthöhlen, die man für sie gebaut hat. So hilft man den Vögeln, in natürlicher Weise zu brüten und sie vor Feinden, z.B. Füchsen, zu schützen. Ich denke an unsere Möwen in Santa Margarita, denen man die natürlichen Nistplätze durch Bebauung genommen hat, und die nun auf Dächern nisten müssen, meist nicht zur Freude der Bewohner.

Blick von den Nobbies aus auf die Robbeninsel 

Nisthöhlen der Möven 
Aussichtspunkt 
Phillip Island


Wir fahren weiter die Westküste entlang, rechts die Felsenküste und links Buschland. Es dämmert und überall grasen Wallabies, vor allem an den steil abfallenden Hängen zum Meer, hier ist mehr Grün zu finden. Dann kommen wir  auf dem großen Parkplatz des Pinguin Centre an. Viele Busse sind schon eingetroffen und die Menschen strömen in das Centre. Unser Fahrer hat uns empfohlen, möglichst bald die rechte Tribüne und dort Plätze rechts unten aufzusuchen. Wir tun das und blicken uns um. Über dem Sandstrand sind im Abstand zwei große Tribünen errichtet worden. Sie füllen sich langsam. Unten am Strand gibt es Sonderplätze im Sand, die extra bezahlt werden müssen. Es herrscht Circusstimmung, Geschrei, hektisches Suchen nach vermeintlich besten Plätzen, Tüten werden aufgerissen…Hinter uns murmelt eine Gruppe von jungen  Indonesierinnen mit Kopftüchern ihre Gebete. Sie lesen den Text aus dem Smartphone ab. Wir widmen uns dem Sonnenuntergang im Meer. Vor uns lässt sich eine japanische oder chinesische Familie nieder, Aufstehen, Setzen, Aufstehen, Winken, Rufen, unsere Sicht ist beeinträchtigt. Als ein Ranger beginnt über Lautsprecher, Erklärungen und Verhaltensregeln ab zu geben, kehrt endlich Ruhe ein. Auch die Familie vor uns setzt sich.

Das ist die Bucht der Pinguine 
Phillip Island
Alles wartet auf die Pinguine 

Die Sonne ist untergegangen. Pünktlich nach Sonnenuntergang, heute 21.17 Uhr, sollen die Pinguine kommen. Wahrscheinlich tun sie das hier schon seit Jahrhunderten. Alles blickt gespannt auf das Meer. Da tauchen einige der kleinen Gestalten aus dem Wasser auf, hopsen auf den Strand, blicken sich um und …husch - sind sie wieder im Wasser. Sie haben gelernt, vorsichtig zu sein. Sie haben Feinde, im Wasser lauern Haie und Robben, in der See macht sie der weiße Frack von unten schwer erkennbar, oben sind sie dunkel gewandet, das schützt sie vor dem Blick von Raubmöven. Aber auf dem Strand sind sie ungeschützt, Füchse, Katzen und Raubvögel können sie greifen, deshalb kommen und gehen sie in der Dämmerung. Weitere kleine Gruppen springen aus dem Wasser, die mutigsten rennen zu Steinen, wo sie verschwinden. Und schließlich verlassen einzelne Gruppen ihre Steindeckung, watscheln hurtig über den Strand und die Dünen hinauf. Immer mehr kommen aus dem Wasser und eilen den bebuschten Abhang hinauf zu ihren Nisthöhlen.

Dass sie in Gruppen kommen, hängt damit zusammen, dass sie auch in Gruppen im Meer jagen, wobei sie ausgefeilte Jagdtechniken anwenden. Sie fressen kleine Fische und Krabben, letztere schnappen sie sich noch in Strandnähe, vor ihrem Anlanden.

Hier werden sie an Land kommen 
Phillip Island
Jetzt sind sie da und eilen sie zu ihren Nistplätzen 

Wir verlassen unsere Tribünensitze und begeben uns auf die schwach beleuchteten Holzstege, die neben ihren Pfaden errichtet wurde. Da eilen sie an uns vorbei, Gruppe an Gruppe, schier endlos, in Greifnähe, mit Lauten halten sie Kontakt miteinander. Kinder beugen sich vor und reden die niedlichen Zwerge an, kaum über 30 cm hoch und 1 kg leicht. Die kümmern sich überhaupt nicht um die Menschen. Helfer halten die Menschen vor allzu enger Kontaktnahme ab. Ich versuche, heimlich zu fotografieren, was verboten ist. Sofort ist ein Helfer da, der mir das streng verbietet. Die befrackten Zwerge suchen ihre Nisthöhlen, die man für sie errichtet hat, holzverschalt, damit Füchse nicht eindringen können. Dort warten schon piepsend die Jungen, in deren Schnäbel sie die voll gefüllten Bäuche entleeren. Wenn sie in der Höhe ihrer Höhlen sind, lösen sie sich aus der Gruppe und eilen seitwärts zu den Unterschlüpfen. Die meisten finden sie zielstrebig, aber einzelne irren erst ein bisschen umher, machen Umwege durch die Büsche, und finden dann ihr Ziel. Auch einige Junge haben sich auf den Weg gemacht und betteln vergeblich die Vorübereilenden an. Es mag sein, dass manche Eltern nicht von der Jagd zurückkehren, ein Opfer von Raubfischen und Robben. Das Ganze spielt sich am gesamten breiten Strand ab, nur ein Teil kann von den Menschen eingesehen werden. Schließlich sind die meisten angekommen und hocken vor ihren Nestern. Die Nester liegen sehr dicht beieinander, eilt ein Artgenosse zu nahe vorbei, dann kann es schon vorkommen, dass er flügelschlagend und kreischend vertrieben wird.

"Einwanderer" mordet "Eingeborenen" (Quelle: Phillip Island Nature Parks)
Die Nisthöhlen 
Ein Zwergpinguin 
So klein ist der Zwergpinguin im Vergleich zum Königspinguin 

Die Menschen strömen zurück zum Centre, auch wir begeben uns dorthin und informieren uns noch ein wenig über die Lebensgewohnheiten der Tiere. Wir lesen, dass sie sich trotz des menschlichen Spektakels und dank der schützenden Maßnahmen, die für sie ergriffen wurden, wieder stark vermehrt haben. Es sollen 16 000 brütende Paare sein, die auf der Insel leben. Die Fürsorge für sie hat seltsame Blüten getrieben. Ich erinnere mich, dass vor einiger Zeit ein Aufruf durch die Presse ging, für Pinguine Pullover zu stricken. Das soll sie vor Ölverschmutzung schützen. Der Aufruf fand einen großen Widerhall, auch in Deutschland.

Pinguine im Strickpullover (Quelle: Wiki Werkerziehung) 

Auf dem Weg zum Bus sehen wir noch einige über den Parkplatz wackeln, auf dem Weg zu entfernt liegenden Höhlen. Manche müssen eine ganz schöne Strecke über Land zurücklegen, ehe sie ihren Nistplatz erreichen.

Der Busfahrer brettert durch die Nacht, die Erlebnisse werden unter den Teilnehmern ausgetauscht, schließlich schlafen die meisten. Spät abends kommen wir in Melbourne an. Wir sind uns einig: der Ausflug hat sich für uns gelohnt.

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