Donnerstag, 19. März 2015

(4) "Verbannt in die Hölle" - Strafkolonie Port Arthur

Ankunft in Port Arthur


Port Arthur
Eingang

Port Arthur
Das Hauptgefängnis

Port Arthur
Ein Gefangener

Wir kommen an der Historischen Stätte (Weltkulturerbe) an. Nach Zerstörungen durch Buschbrände und Verfall wird  Port Arthur  als „Freiluftmuseum“  wieder in Stand gesetzt.  Wir sehen viel Grün vor uns, Wiesen, Gartenanlagen. Hinter einer Wiesenfläche - die lang gestreckte Ruine des Hauptgefängnisses mit vergitterten Fensterhöhlungen. Rechts und links verstreut auf dem Hügel kleinere und größere Gebäude. Wir machen einen Wachturm an erhöhter Stelle, Türme auf Gebäuden und rechts eine große Kirche aus.

Wir schließen uns einer Führung an. Der Führer erzählt:
1830 wurde die Strafkolonie als Holzfällerlager angelegt. Von 1833 bis um 1850 wurden Tausende von Straffälligen aus England und Australien  hierher gebracht. Viele galten als Schwerverbrecher, aber andere, z. Kinder und Jugendliche, wurden oft nur wegen geringer Vergehen nach Port Arthur geschickt. Die meisten Sträflinge waren renitente, rückfällige und geflohene Sträflinge aus anderen australischen Gefängnissen. Unter härtesten Bedingungen, durch Arbeit, Disziplin, Strafen moralische und religiöse Instruktion, sollten sie zu „ehrbaren Menschen“ erzogen werden. „Resozialisierung“ auf die harte Tour! Insgesamt sind 12 500 „Convicts“ durch das Lager gegangen. Viele starben an Entkräftung, Krankheiten, Unfällen, Verzweiflung, auf der Flucht, wurden  in diesem „Konzentrationslager“ gebrochen, aber – und das ist der Unterschied zu den Nazi-Konzentrationslagern – es war keine auswegslose Vernichtungsmaschinerie. Wer sich gut führte oder ein tüchtiger Arbeiter war, erwarb sich Vorteile. Manche verließen das Lager rehabilitiert und  fanden als „Emancipists“  ins normale Leben zurück, als Handwerker, Farmer, Geschäftsleute, spielten sogar eine wichtige Rolle im öffentlichen Leben Australiens.
Im „Museum“ können Nachkommen von Sträflingen und Bediensteten Familienforschung betreiben. Man versucht, die Lebensgeschichten aller Menschen, die hier durchgingen, zu rekonstruieren.  Inzwischen ist man stolz auf solche Vorfahren.
Schon bei der Ankunft auf Schiffen – es gab keine  Strasse nach Port Arthur - wurde den Convicts klar gemacht, dass Flucht und Widerstand sinnlos sei. Die Schiffe mussten Segel und Ruder abgeben, um Meuterei und Flucht bei der Ausladung  zu verhindern. Die Ankommenden erhielten Kappen und Sträflingskleidung (schwarz-gelbe Weste, auffällig – wie Elstern!), den „gefährlichen“ Gefangenen wurden Fußketten angelegt, die Gefängnis- und Strafordnung wurde vorgelesen…Bewaffnete Soldaten  waren allgegenwärtig…Die Kolonie war von dichten Wäldern umgeben, vor den Anlagen öffnet sich eine Bucht, in der es – wie es hieß - von Haifischen wimmelt, der Zugang zur Tasman-Halbinsel  war scharf bewacht.
Trotzdem  wagten manche die Flucht. Der Führer erzählt die Geschichte des Fluchtversuches von „Billy“ Hunt. In ein Kängurufell verkleidet, gelang es ihm, zu entfliehen. In Eaglehawk  Neck, der Landenge, versuchte er an den Wächtern vorbei zu hüpfen. Diese aber waren hungrig und legten ihre Flinten auf das große vermeintliche Wildpret an. Billy ließ sein Fell fallen und ergab sich. Zurück in Port Arthur erwarteten ihn 150 Peitschenhiebe und verschärfte Haft. 
Der Schriftsteller Marcus Clark schildert in seinem auch verfilmten Roman „Lebenslänglich“ (1870-72: engl.: For the Term of His Natural Life) eine weniger tragik-komische Geschichte: Eine Gruppe von Gefangenen entflieht in den Bush, wo sie sich hoffnungslos verirren. Sie beginnen einander zu töten und zu verspeisen. Die Schilderung ist fiktiv, geht aber auf eine tatsächliche Geschichte zurück, die des Sträflings  Alexander Pearce, der 1823 aus der Macquarie Harbour Penal Station entfloh. 

Blick von Seeseite auf Port Arthur
Fusskette

Auspeitschung eines Gefangenen
Gefangenenkleidung

Tägliche Gefangenenration

Gefangen in einer Maschinerie - Wächter und Gefangene


Beim Gang durch die Anlagen wird die Trennung, der Gegensatz von Gefangenen und  „Personal“ deutlich. In der von einem Garten umgebenen Residenz der Kommandanten – an hoher und aussichtsreicher Stelle über der Bucht gelegen – finden wir die vornehme Einrichtung der damaligen Zeit. Hier wurden  festliche Dinners, rauschende Partys, literarische und musikalische Abende abgehalten. Man fragt sich beim Besuch der Häuser der leitenden Militärbeamten und Offiziere, wie die Leute mit dem Elend da unten zurechtkamen, der Schufterei, den Schreien, den Schüssen, den  finsteren und verzweifelten Blicken.... Für sie und ihre Familien gab es Gärten, wo sie lustwandeln konnten, eine Schule für ihre Kinde, Regatten und andere Annehmlichkeiten.


Ein Kommandant

Arbeitszimmer in der Kommandantur

Küche










Damensalon

Kaminzimmer


Schlafzimmer 

Esssalon


Eingang zum Haus des Kommandanten




























Das Leben der einfachen Soldaten war nicht so angenehm wie das der höheren Chargen. Sie lebten in Baracken um den Wachtturm. Ihre Aufgabe war die Bewachung der Convicts, generell und bei allen ihren Tätigkeiten. Das war sicher oft eine deprimierende und bisweilen auch gefährliche Aufgabe: renitente, gewalttätige, eventuell meuternde Burschen zur Räson zu bringen, gegebenenfalls von Bajonett und Schusswaffe Gebrauch machen… Ihr Leben war streng reglementiert, für alles mussten sie Erlaubnis einholen, ständig sollten sie einsatzbereit sein. Bei disziplinarischen Vergehen wurden sie ausgepeitscht – wie die Gefangenen. Es blieb wenig an Freizeit und der abgelegene Ort bot natürlich nicht viele Möglichkeiten: Fischen, Bootfahren, Kartenspielen… Man kann sich denken, dass es bei den britischen Soldaten keine Begeisterung auslöste, nach Port Arthur versetzt zu werden. Es waren ohnehin die armen Kerle, die zur Army gingen und viele mag nur das abgehalten haben, auf denselben Weg zu geraten wie die Convicts. Sie waren ein Rädchen in der Maschinerie - aber sie hatten ihren Anteil an der Macht über die Gefangenen; das und ihre Lage mag zu mancher Gefangenenmisshandlung geführt haben…Einige Soldaten durften ihre Frauen mitbringen, sie wurden für „frauliche“ Tätigkeiten eingesetzt: Waschen, Nähen…Sicher kein beneidenswertes Los!


Wachtturm 

Offiziershäuschen 

O' Brien 


O'Briens Häuschen (links) - oben: innen

Bei unserem Rundgang kommen wir auch an der Hütte eines der prominenten Strafgefangenen Port Arthurs vorbei:  hier lebte der  irische Parlamentarier und Protestant William Smith  0`Brien. Er wurde für seinen Kampf für die Unabhängigkeit Irlands zum Tode verurteilt, was dann aber zu lebenslänglicher Haft in Van Diemen´s Land  umgewandelt wurde. Nach einem Fluchtversuch von einer anderen tasmanischen Gefängnisinsel kam er nach Port Arthur. Er verbrachte aber nur ein Jahr dort in lockerer Haft. In seinem Tagebuch, in das man in seinem einfachen Häuschen Einblick nehmen kann, beschreibt er seine Beobachtungen und Spaziergänge (nach der Begnadigung).

Isolationsgefängnis 

Einzelzelle 

Zelleneinrichtung 

Blick von Kanzel auf  Kircheninneres


In einem Einzel-"Stall"














An Wäscherei, Krankenhaus, einem späterem „Armenhaus“ vorbei,  gelangen wir zum großem „Asyl“ (in den beiden letzten Gebäuden wurden bis 1877 arme und psychisch kranke  Ex-„Zuchthäusler“ untergebracht). Das Asyl ist heute Museum. Erst einmal stärken  wir uns in einer großen Halle – wahrscheinlich schon früher der Esssaal - bei Kaffee und Kuchen. Freundlich und gemütlich hier! Dann  vertiefen wir uns in die weniger gemütlichen Dokumente und Schaustücke in den Seitenräumen, die das Leben in Port Arthur bezeugen.

Anschließend kommen wir zum „Isolationsgefängnis“, das 1849 nach „modernen“ Prinzipien eingerichtet wurde. Von einer zentralen Überwachungs-Halle gehen kreuzweise lange Gänge aus, Zelle an Zelle. Ich trete in eine der Zellen und mache die Tür hinter mir zu. In der Tür eine kleine Öffnung, durch die wohl das Essen gereicht wurde. Was mir zur Verfügung steht ist:  Pritsche, Stuhl, Tisch, Klosetteimer – auf dem Tisch die Bibel. Ganz oben an der Wand gegenüber der Tür ein kleines Fensterchen – unerreichbar. Ich kriege Beklemmungen.
Hier mussten die Gefangenen arbeiten, essen, schlafen und sollten über ihr Vergehen meditieren – isoliert, 23 Stunden am Tag, eine Stunde Bewegung  im Hof mit uneinsehbaren Mauern, Kapuze über dem Kopf. Kein Wort mit den übrigen Gefangenen war erlaubt – mit den Wärtern nur das Notwendigste. Angeredet wurden sie mit ihrer Nummer. Verhielten sie sich gut, bekamen sie größere Essensrationen, Tee, Tabak… Die weniger Umgänglichen wurden auf minimale Rationen gesetzt. Keine Körperstrafen mehr, aber psychischer Horror!  Drehten sie durch, war ja das „schöne“ Asyl da.
Auch in der Kirche: Hunderte von Einzelzellen, nur der Kopf des Stehenden blickt Richtung Kanzel über die Holzwände. Einzeln wurden sie hinein- und hinausgeführt. Nicht einmal Blickkontakt mit dem Nachbarn ist möglich. Ich begebe mich auf die Kanzel und stelle mir vor, welchen Anblick der Geistliche vor sich hatte: Lauter Kapuzenköpfe zwischen den Wänden, die durch Augenschlitze in seine Richtung blickten! Wie mag es geklungen haben, wenn sie sangen – hierzu durften sie den Mund aufmachen -: Großer Gott, wir loben dich? Ich frage mich,  was ich hier gepredigt hätte. (Ich war einmal – nebenberuflich – Gefängnispfarrer und habe auch ein Buch über Strafvollzug geschrieben: „Hinter Gittern“ - 1972!)


Die Grosskirche 

Grosskirche -zerstörtes Innere

Zentraler Weg im Regierungsgarten 

Wir kommen zu den Ruinen der  riesigen neugotischen Kirche, die - zum Teil von jugendlichen Sträflingen - 1836/37 erbaut wurde, also vor der Kirche im Isolationsgefängnis. Die Größe drückt aus, als wie wichtig man die moralisch-religiöse Instruktion ansah. Was mag das für eine Religion gewesen sein, die hier gelehrt wurde? Der Bau ist aber auch deswegen so groß, weil hier sonntäglich die ganze Masse an Gefangenen hinein geführt wurde – zwangsweise – und mit ihnen die Wachmannschaften. Auf Verweigerungen hin, wurden die Gottesdienste  nach Konfessionen gestaffelt.
Wir blicken von der Kirche hinunter auf das Gelände der Kolonie. Vor uns der klassisch angelegte – mit Büschen umgebene - Garten des Regierungsvertreters, in dem man sich unter Ausschluss der Sträflingswelt ergehen konnte. Heute sieht alles nahezu romantisch aus, aber damals musste ein Gefangenen-Aufenthalt wie „Verbannt in die Hölle“ gewesen sein (so der  Titel der Fernsehverfilmung des Romans „Lebenslänglich“, in dem die Zustände in der Port Arthur beschrieben werden.)
Ob die vielen Besucher, die hier umher spazieren, etwas von der  Atmosphäre des Schreckens spüren, die über der ganzen Anlage liegt? Uns ging es jedenfalls so, obwohl die Verwaltung sich alle Mühe gibt, den Aufenthalt der Besucher unterhaltsam und angenehm zu gestalten.


Das Massaker von Port Arthur


Im Eintritt ist eine Schiffsfahrt enthalten. Wir machen uns auf den Weg zur Anlegestelle. Dabei kommen wir an einem weiteren Ort des Schreckens vorbei, der durch ein Mahnmal bezeichnet wird. Hier erschoss 1996  ein „Gun Man“  in dem heute abgerissenen Café 12 Menschen. Insgesamt tötete er vor und bei  seinem „Amoklauf“ durch Café und Areal, und auf seiner Flucht 35 Menschen und verletzte 23. Die Tat wurde dem „geistig behinderten“ und „persönlichkeitsgestörten“ (so ein psychiatrischer Befund), aber durch Erbschaft wohlhabend gewordenen,  28-jährigen Martin Bryant aus Hobart zugeschrieben. Bryant bekannte sich zunächst nicht als schuldig. Er sitzt heute zu 35-fach „lebenslänglich“ verurteilt – rund um die Uhr bewacht - in der psychiatrischen Abteilung  eines Gefängnisses in Hobart, wo er mehrere Suizid-Versuche begangen hat. Die Tat führte zum Verbot privaten Besitzes von automatischen Feuerwaffen in Australien. Inzwischen sind Zweifel geäußert worden, ob Bryant  in der Lage war, diese kaltblütigen und professionell erscheinenden Morde in Port Arthur zu begehen.


Toteninsel  und Knabenanstalt


Fahrt zur Toteninsel 

Das Schiff legt ab.  Am Ufer erblicken wie die künstlerische Nachbildung eines Schiffsgerippes. Hier war die Werft, auf der Gefangene Schiffe bauten. Was bei der Besichtigung nicht so in´s Auge fällt: Port Arthur mit seinen Werkstätten, seiner Holzverarbeitung, den Steinbrüchen und einem Kohlebergwerk war ein großes Wirtschaftsunternehmen der Regierung, getragen von „Zwangsarbeit“. Nicht umsonst wurden die Gefangenen schon vor der Ankunft in Port Arthur „vorsortiert“, nach Fähigkeiten und Eignung.
Wir umrunden die „Toteninsel“ – durch Bewaldung und Wetter macht sie einen düsteren Eindruck. Hier liegen die Überbleibsel der in der Kolonie verstorbenen Gefangenen und Personalangehörigen. Fast nur letztere erhielten  Grabsteine. 
Wir besuchen die Insel aus Zeitgründen nicht, aber auf einer Postkarte, die wir erwerben, finden wir den Grabstein eines Convicts abgebildet und erfahren etwas über sein Schicksal.


„Hier liegen die Überreste von GEORGE  BRITTON. Im Alter von 53 wurde er durch einen Unfall getötet, durch eine Explosion in einem Steinbruch am 28.März 1861“

Wir lesen auf der Karte: „George Britton, der behauptete, sein wirklicher Name sei Maurice Lyttleton…wurde am 17. Mai 1832 in Middlesex (Grafschaft in der Nähe von London) wegen Kleiderdiebstahl zu 7 Jahren Verschickung verurteilt. Er segelte nach Van Diemen´s Land mit dem Gefangenentransport auf der „York“, die am 1.September 1832 Plymouth verließ, und kam am 29. Dezember desselben Jahres an. Seine „Gefangenenakte“ in Van Diemen´s Land ist eine der längsten und umfasst die Jahre 1833 bis zu seinem Tode 1861. In dieser Zeit häufte er eine beachtliche Liste an Verurteilungen an. Insgesamt erhielt er 17 Urteile mit einer Summe von 766 Peitschenhieben, die von 25 bis 100 Streichen reichten.“
Man mag die Lücken in diesem Lebensabriss mit der eigenen Phantasie ausfüllen.
Die Fahrt geht weiter zum „Point Puer“, einer Insel, auf der die Kinder und jugendlichen Strafgefangenen lebten. Wegen des möglichen schlechten Einflusses hielt man sie getrennt von den erwachsenen Straftätern. Sie wurden in zwei Abteilungen unterbracht: einer für die „leichteren“ Fälle (Baracken) und  einer anderen für die „Schwererziehbaren“ (Einzelzellengebäude). Ihr Tageslauf war streng reglementiert: früh morgens, 5.00 Uhr, fing er mit Versammlung zum Gebet an, dann ein wenig Freizeit, 7.00 Uhr Frühstück, 8.00-17.00 Uhr Arbeit, danach zwei Stunden Schule, bald danach Gebet und Bett. Sonntags Gottesdienste und Schule. Immerhin konnten die Jugendlichen ein Handwerk lernen. Die Erziehung wurde durch rigide Strafen und moralisch-religiöse Unterrichtung  implementiert.  Kein Wunder, es wird von Gewaltakten und Fluchtversuchen berichtet. Aber auch hier: Mancher der aus den Londoner Slums ankommenden verwahrlosten Knaben wurde nach seiner Entlassung ein arbeitsamer und „ordentlicher“ Bürger Australiens.

Zwei Gefangenenschicksale

                                                                 
                       
  
  
Ein Gefangenenblatt 

Nach unserem Rundgang besuchen wir das Besucherzentrum. Hier kann man eine Spielkarte ziehen. Dahinter verbirgt sich ein Gefangenenschicksal, dem man nachgehen kann.  Die „Akten“, die über jeden Convict in Port Arthur  geführt wurden , machen ein solches „Spiel“ möglich. Ich ziehe einen Herz-König, mit dem Bild  eines dicken gekrönten Schmids, der sich auf einen Amboss stützt, einen Hammer in der Hand – mieser Gesichtsausdruck. Auf der Rückseite jeder Karte ein „Union Jack“ als sich drehendes Rad, umgeben mit Szenen und Gebäuden aus der Gefängniskolonie. „Mein“ Convict:

WILLIAM MOORE -  Handwerk: Feilenschneider und Arbeiter -  Alter : 23 - Geboren: Stocketh, Lincolnshire, England - Gefangen: Juli 1829 wegen Diebstahls von Silberlöffeln - Verurteilt zu: 7 Jahre Verschickung  - Nach Port Arthur gebracht: Verdacht auf Tabakdiebstahl. Diesem Mann wurde vorgeworfen, Tabak im Werte von zwei Pence aus einem Laden in Hobart gestohlen zu haben. Der Vorwurf wurde aus Mangel an Beweisen fallen gelassen, aber es wurde empfohlen, ihn trotzdem nach Port Arthur zu schicken.
Willam konnte offenbar das Rauchen nicht lassen (da ging es ihm wie mir!). 1832 erhält er 32 Hiebe wegen Rauchens in der Schmiedewerkstatt – er war nämlich zum Schmied ausgebildet worden. (Eine üble Raucherentwöhnung. Ob sie wirksam war?) Außerdem wurden ihm „Privilegien“ entzogen: der Erhalt von Tee und Zucker.
Im Internet finde ich heraus, dass er im Juli 1831 auf der „Bussorah Merchant“ mit 199 anderen Convicts in England eingeschifft wurde und im November in Van Diemen´s Land ankam. 5 Monate Fahrt um Afrika herum, in vergitterten Verschlägen unter Deck!
Leider kann ich nicht feststellen, wie es mit ihm weiterging, und ob er aus Port Arthur herauskam. Ich finde keine Nachfahren, die sich auf ihn zurückführen.


Dagmars Karte: eine Kreuz Vier – mit dem Bild eines Mundes, der auf eine Münze beißt:

WILLIAM  MC CORVILLE – Handwerk: Leinenweber – Alter 19 – Geburtsort: Manchester, England – Gefangen: Oktober 1822, weil er George Swanbuck ausgeraubt hat – Verurteilt: Zu 7 Jahre Verschickung – Nach Port Arthur gebracht: weil er minderwertige Münzen in seinem Besitz hatte.
Über ihn  finde ich heraus: er kam mit dem Schiff „Albion“ nach 154 Tagen Überfahrt in Van Diemen´s Land an. Auf dem Schiff hat er sich „ordentlich“ („orderly“) verhalten. Er wurde in Lancaster 1822 wegen der Beraubung des Händlers Swanbuck – er hatte ihm ein Stück Käse geklaut – und wegen eines vorhergehenden „Überfalls“ („Assault“) verurteilt. Das wird als „felony“ („Verbrechen“) zusammengefasst. Dann leistete er „öffentliche Arbeiten“ in Hobart. Dort muss er sich etwas zuschulden haben kommen lassen, denn 1828 wird die Haft um 3 Jahre verlängert („extended“). 1832 ist er „frei“, aber 1833 muss er schon wieder „öffentliche Arbeiten“ leisten. 1835 wird er nach Port Arthur geschickt – unverbesserlich?
Über sein weiteres Schicksal kann ich nichts herausfinden. Leider erinnern wir uns nicht mehr, was in Port Arthur über ihn angegeben wird.

Wir verlassen die historische Gefängniskolonie und besteigen auf dem Parkplatz unser Wohnmobil. Aber auch hier lässt uns die Vergangenheit nicht los. Beim „Massaker von Port Arthur“ spielten sich hier schreckliche Szenen ab: vier Besucher wurden getötet und sechs verwundet. 

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